Donnerstag, 05. Mai 2011 15:00
Der Äffchen-Tanz mit beigefügtem Magister-Rambazamba wären endlich erledigt, ich darf mich also ab sofort wieder den wirklich wichtigen Dingen widmen - was da heut' zum Beispiel wäre:
...Eine reine Erziehungsmaßnahme...?
Wieder läutet so etwa gegen 13 Uhr 30 das Telefon und wieder einmal steht dort, wo man üblicherweise die Nummer des Anrufers ablesen können sollte, das inzwischen bereits doch relativ vertraut gewordene Wort: »Unbekannt«. Die letzten Tage haben mich in meinem Habitus doch ein wenig zusammengestaucht, also bin ich bei der Entgegennahme des Anrufes zunächst einmal sehr freundlich und ziemlich kleinlaut. Das kleine Aufnahme-Studio läuft zwar mit - aber sicher nicht, damit ich mit dem Anrufer meine üblichen Späßchen machen kann, sondern lediglich zum Zwecke der Archivierung (falls ich genau diesen Anruf dann doch einmal vor offizieller Stelle benötigen sollte). Aber gleich nach den ersten drei Sekunden fällt mir ein kleiner Stein vom Eh-scho-wissen, denn die durchaus freundliche Dame ist nur vom Fessel-GfK-Institut. Also: »nur« eben im Sinne von: *Säufzer-der-Erleichterung*.
Mit den Fessel-Leuten (und auch diversen anderen - seriösen! - Umfrage-Instituten rede ich grundsätzlich recht gerne - dies hat zwei wichtige Gründe:
  1. Ich habe selber während der Studienzeit beim Fessel gearbeitet und telefonisch Umfragen gemacht. Es ist - wie soll ich es nur in einem prägnanten Ausdruck zusammenfassen? - wirklich ein OaschOasch


    Im Prinzip »Arsch«. Stimmt jedoch nicht ganz, da »Oasch« im Normalfall als Eigenschaftswort benützt wird. Bsp.: »Des Auto is oasch!« Übersetzung: »Das Auto ist schlecht!«
    -Job.
  2. In Statistik habe ich - und niemand kann bis heute wirklich sagen, warum - halbwegs brav aufgepasst und mitgearbeitet. Daher erinnere ich mich noch dunkel an die Berechnungen mit dem »Sample«. Dieses ist nämlich (also, jetzt nur eine so-ungefähr-in-Erinnerung-Erklärung) jene Zahl von anzurufenden Auskunftgebern innerhalb einer ausgerechneten Zielgruppe, um danach mit den passenden Berechnungsmodellen zu einem halbwegs aussagekräftigen Ergebnis für die Gesamtgruppe zu kommen. Und die Größe solch eines »Samples« ist - wen wundert es - immer so wutzi-wutzi-pinki-klein, wie nur irgend möglich, weil halt Umfragen dem Auftraggeber sehr viel, ja wirklich enorm viel Geld kosten!

Wenn man sich also jetzt einmal genauer überlegt, dass 1.) das ganze Leben im Prinzip sowieso nur aus Marketing im weitesten Sinne besteht und sich 2.) daher alle Menschen, Unternehmen, Parteien, Medien, Politiker,... also wirklich jeder Schmonz in einer pseudodemokratischen Konsumgesellschaft irgendwo und irgendwie nach einem Marketing-Plan orientieren muss - und 3.) praktisch die Urmutter jeder ordentlichen Beschäftigungspolitik jedes Marketing-Plans eine Statistik mit zugrundeliegender Umfrage ist, dann...

...Dann läge doch der Schluß nahe - so man diesen Gedankengang bis zum bitteren Ende schmieden möchte - dass ein gut geführtes Umfrage-Interview (wobei hier der gleiche Grundsatz gilt, wie beim Tanzen: Wer führt, bestimmt die Richtung!) wesentlich mehr bewegen kann, als - sagen wir einmal: der Gang zu einer Nationalratswahl. Denn selbst die Pimperlparteien (= grün, rot, oder so?) richten sich selbstverständlich weit weniger nach irgendwelchen seltsamen ökologischen Grundsätzen, als nach dem Ergebnis der letzten Vorwahl-Wählerstrom-Sonntagswahl-Wechselwähler-Analyse.

Fest steht für mich also: Die Absage bei einer Fessel-Telefonumfrage ist aus demokratischer Sicht wesentlich schlimmer einzuschätzen, als der Verzicht auf seine Stimme bei einer Landtagswahl. Denn der »Souverän« eignet sich vielleicht noch als Bezeichnung für eine Autotype, oder einen süßen Kaffee-Zusatz, aber in der Ur-Bedeutung des Wortes kann da nicht einmal mehr die Theorie mithalten.

Und genau daher ist der heutige Tag doch auch ein wenig traurig. Weil ich auf dieses schwerstens erworbene Recht der Mitbestimmung verzichtet habe. Ich mußte der netten Dame am Telefon leider absagen - aber ich habe ihr zugesagt, dass sie mich jederzeit gerne wieder anrufen dürfe, wenn auch Fessel-GfK sich endlich an das Gesetz halten und die Telefonnummer mitübertragen würde. Irgendwie ärgerlich, aber eben eine durchaus notwendige Erziehungsmaßnahme...!



(C) mArtin, im September 2024.
Und ich bin wirklich nicht immer stolz darauf.
Manchmal aber sehr wohl.


Da einige meiner Texte ohnehin bereits an anderer Stelle verwendet wurden/werden, dürfen sie also unter Angabe der Quelle auszugsweise verwendet werden. Bitte aber den passenden Link zum entsprechenden Beitrag im Rahmen der Zitat-Kennzeichnung kopieren und einfügen. Denn irgendwann möchte ich auch reich und berühmt werden. Oder auch nicht. Herzlichen Dank und weiterhin viel (Lese-)Freude!